Fischer: Überlegungen zur Wahl von Klassifikationskriterien.

Z I M - Auszug DRG+Pflege       Sept. 2001
Letzte Änderung: 17.12.2013


Überlegungen zur Wahl
von Klassifikationskriterien

Wolfram Fischer

Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil SG (Schweiz)
http://www.fischer-zim.ch/


Auszug aus:
Fischer W:
Diagnosis Related Groups (DRGs) und Pflege
Grundlagen, Codierungssysteme, Integrationsmöglichkeiten
ISBN 978-3-456-83576-1
Huber-Verlag, Bern

      
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Inhaltsverzeichnis

 

D Überlegungen zur Wahl von Klassifikationskriterien

 

D.1 Anforderungen an DRG-Systeme unter Berücksichtigung der pflegerischen Sicht

 

D.2 Wie kann Pflege deklariert werden?

 

D.2.1 Einleitendes Beispiel

 

D.2.2 Der «Pflegeprozess»

 

D.3 Zustand des Patienten und Aktivitäten der Pflege

 

D.4 Leistungsbedarf und erbrachte Leistungen

 

D.4.1 Bestimmung des Leistungsbedarfs

 

D.4.2 Gegenüberstellung von Leistungsbedarf und erbrachten Leistungen

 

D.5 Mögliche Klassifikationskriterien in DRG-Systemen

 

D.6 DRG-Bezug von Kriterien der Pflege


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D

Überlegungen zur Wahl von Klassifikationskriterien

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D.1

Anforderungen an DRG-Systeme unter Berücksichtigung der pflegerischen Sicht

Tafel 1:
Patientenprobleme und deren Behandlung

Tafel 1: Patientenprobleme und deren Behandlung

 

Zeichnung: © Franziska und Olivia Fischer, 2001.

Was ist kostenrelevant?

In der obigen Zeichnung von meinen Kindern sieht man eine behandelnde Person, die sich dem Bein widmet, während die Patientin an ihre Katze denkt, die nun allein zu Hause ist. Das sin zwei Welten, die je nach Behandlungsmodell nebeneinander stehen oder miteinander gesehen werden: das gesundheitliche Problem mit dem Bein, und all die Fragen, welche die Patientin im Zusammenhang damit hat.

1 Vgl. Fiechter/Meier [Pflegeplanung, 1993]: 17.

 

Fiechter und Meier sagen: «Im Mittelpunkt des Interesses der Schwester steht der Mensch, insbesondere derjenige, der Gesundheits- oder Beziehungsprobleme hat, und seine Umwelt. Ihre Hauptaufgabe ist es, dem ihr anvertrauten Mensch in seinem Anpassungsprozess beizustehen, ihm zu helfen, in einem physischen, psychischen oder sozialen Gleichgewicht zu bleiben oder ein neues Gleichgewicht zu finden, wenn er mit bleibenden Behinderungen leben muss.»1

 

Auf Patienten­klassifi­kations­systeme bezogen heisst das, in umfassender Weise nach allen Aspekten zu fragen, welche behandlungsbestimmend und kosten­relevant sind.

2 Der Behand­lungs­aufwand berechnet sich aus:

  • dem zeitlichen Aufwand des Personals,
  • den Kosten für die eingesetzten Sachmittel und
  • den Kosten für die genutzte Infrastruktur.

Klassi­fi­kations­kriterien sollen den Leistungsbedarf bestimmen

Mit Patienten­klassifi­kations­systemen wird versucht, durch Gruppenbildung den Soll-Behand­lungs­aufwand,2 d. h. den Leistungsbedarf zu schätzen.

Kriterien zur Gruppenbildung sollten daher nicht solche sein, welche die Behand­lungs­kosten 1:1 abbilden, sondern solche, aus denen eine möglichst optimale Behand­lung abgeleitet werden kann. Nicht das, was getan wurde, soll gemessen werden, sondern aufgrund der Problemstellung und der Ziele soll abgeleitet werden können, was getan werden sollte. Es sollen nicht die erbrachten Leistungen gemessen werden; es geht darum, den Leistungsbedarf schätzen zu können. Konkreter heisst dies: Die Klassi­fi­kations­kriterien sollten nicht Inter­ven­tionen oder Prozeduren sein, sondern: Probleme, Ressourcen des Patienten und Ziele.

3 Eine Ausnahme ist «Disease Staging» (D.S.), welches nur Diagnosen zur Gruppierung verwendet. – Gonella et al. [Disease Staging, 1984].

Mangelhafte Anwendung in DRG-Systemen

In vielen Patienten­klassifi­kations­systemen wird nicht nur der Behandlungszustand, sondern auch das angewandte Behand­lungs­verfahren als Gruppie­rungs­krite­rium verwendet, da aus den verfügbaren Informationen die erforderliche Behand­lung bzw. deren Kosten noch zu ungenau geschätzt werden konnten.3 DRGs z. B. werden bei konservativer Behand­lung von der Zustands­beschreibung in Form von Diagnosen, bei chirur­gischer Behand­lung jedoch von der wichtigsten chirur­gischen Prozedur abgeleitet.

Beispiel einer Pflege­kosten­klassifi­kation aufgrund der Er­he­bung von Fähigkeits­einschrän­kungen

In der in Abschnitt E.5.3 kurz vorgestellten TAR-Pflege­kosten­klassifi­kation gelang es, den täglichen Pflege­aufwand ohne Bezugnahme auf die durchgeführten Pflegeinterventionen allein aufgrund der Beschreibung eines Aspektes des Patientenzustandes – nämlich der Fähigkeits­einschrän­kungen gemessen mit FIM – zu etwa 65 % zu erklären.

 

 

Fragen zur DRG-Konstruktion

Nach dieser Einleitung nun die Fragen:

  1. Wurden die oben aufgeführten Anforderungen bei der DRG-Konstruktion befolgt?
  2. Sind die gewählten Kriterien (ärztliche Diagnosen und Prozeduren) geeignet, um den Soll-Behand­lungs­aufwand von akutstationären Behand­lungs­fällen zu schätzen?

4 Natürlich tat man dies auch, weil in medizi­nischen Klassi­fi­kationen kaum nicht operative Prozeduren anzutreffen sind.

5 Wie mir Robert Fetter, der die ersten DRGs mit dem Yale-DRG-Team entwickelt hatte, 1993 erklärte, sei dies zunächst nur deshalb geschehen, weil die ärztlichen Diagnosen allein zu wenig Erklärungskraft gehabt hätten.

 

Zur ersten Frage: Ursprüngliches Anliegen bei der Bildung der DRGs («Diagnosis Related Groups») war es, die Kosten aufgrund der Diagnosen als Indikatoren für die zu behandelnden Probleme zu schätzen. Bei nicht operativen Behand­lungen blieb man bei diesem Ansatz.4 Bei chirur­gischen Behand­lungs­fällen zog man, wie oben erwähnt, auch die wichtigste operative Prozedur, welche als Indikator für die anfallenden Leistungen angesehen werden kann, als Klassifikationskriterium bei.5 Dadurch gewann man bei den chirur­gischen DRGs mehr an Erklärungskraft, verliess aber gleichzeitig die ursprünglichen Prinzipien.

 

Zur zweiten Frage: Aufgrund des bislang Dargelegten zur Frage der Homogenität sowohl aus der Sicht der Gesamt­kosten wie auch aus der Sicht der Pflegekosten muss festgehalten werden, dass ärztliche Diagnosen und Prozeduren zwar kosten­relevante Kriterien sind, dass es aber noch mehr Variablen zu geben scheint, welche einen massgeblichen Einfluss auf die Behand­lung und damit auch auf die Kosten haben.

 

Gesucht sind also jene Informationen zu den Probleme des Patienten und zur Behand­lung, die tatsächlich kosten­relevant sind.

 

Bei dieser Suche sind zwei weitere Unter­schei­dungen hilfreich, die in den folgenden Kapiteln näher beschrieben werden:

  1. Aussagen der Pflege (und anderer Berufsgruppen) können entweder den Zustand des Patienten oder die Aktivitäten der Pflegenden betreffen.
  2. Aus der Beschreibung des aktuellen Zustandes des Patienten und des zukünftigen, angestrebten Zustandes des Patienten (also der Behand­lungs­ziele) lässt sich der Leistungsbedarf bestimmen. Der Leistungsbedarf ist deutlich zu unterscheiden von den erbrachten Leistungen. Der Leistungsbedarf entspricht den erforderlichen Aktivitäten der Pflegenden; die erbrachten Leistungen sind Beschreibungen der durchgeführten Aktivitäten der Pflegenden.

 

 

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D.2

Wie kann Pflege deklariert werden?

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D.2.1
Einleitendes Beispiel

6 Entnommen aus: Fischer [Pflege­leistung, 1996].

 

Um dem Thema zunächst einmal beispielhaft etwas näher zu kommen, stelle ich mir vor, ich sei Pfleger an einem Regionalspital und in dieser Funktion unterwegs, um das Bett von Herrn Huber frisch anzuziehen. Da spricht mich jemand von der Pflegedienstleitung an und fragt mich, was ich gerade tue. Was werde ich ihr sagen?6  
 

  1. Ich könnte ihr von meinem Plan erzählen und ihr sagen, dass ich gerade vorhabe, das Bett von Herrn Huber frisch anzuziehen.

    Vielleicht ist sie dann zufrieden – aber ich stelle mir vor, dass sie noch nicht zufrieden sein wird. An meiner missmutigen Laune wird sie merken, dass ich eigentlich arbeiten will. Sie wird also entschuldigend sagen, dass man irgendsoeine Studie aufsetzen will und dass sie sich dazu ein Bild vor Ort verschaffen möchte.  
     

  2. Sie wird mich also weiterfragen: Warum ich das denn tue.

    Da wird es sehr verschiedene Möglichkeiten geben zu antworten, z. B.:

    • weil Herr Huber vor lauter Schwitzen ganz nass ist;
    • weil dies heute so vorgesehen ist;
    • weil der Chefarzt zur Visite kommt;
    • weil ich gerne Betten frisch anziehe.
     
     
  3. Nun – wenn sie es genau wissen will, wird sie mich bestimmt auch noch fragen: Wozu ich das tue, welches Ziel ich dabei habe?

    Und ich könnte antworten:

    • damit es Herrn Huber wohler ist;
    • damit die Stationsschwester zufrieden ist;
    • damit ich vor dem Chefarzt gut dastehe;
    • damit ich nach getaner Arbeit zufrieden nach Hause gehen kann.
     
     
  4. Abends überlege ich mir, was ich anschliessend an die Fragerei eigentlich wirklich getan habe (Tätigkeiten). Ich erinnere mich:
    • Ich habe das Bett frisch angezogen.
    • Ich habe Herrn Huber geholfen, frische Kleider anzuziehen.
    • Ausserdem habe mit ihm auch noch über die Rückkehr nach Hause gesprochen.
     
     
  5. Dazu brauchte ich (Aufwand):
    • nicht 5 Minuten wie gewohnt,
    • sondern eine ganze halbe Stunde!
     
     
  6. Aber ich fand, es hat sich gelohnt. Denn die Ergebnisse meiner Arbeit waren:
    • Ich war zufrieden, dass Herr Huber wieder in einem sauberen Bett lag.
    • Herr Huber hatte Freude am frischen Bett.
    • Er hat auch gerne mit mir geplaudert.
    • Und ich weiss nun, dass für die Rückkehr nach Hause alles Nötige vorbereitet ist.
    • Schliesslich hatten weder Stationsschwester noch Chefarzt an meiner Arbeit etwas auszusetzen.

    Ein anderes Ergebnis hätte natürlich auch sein können:

    • Ich habe einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt: Es ist mir gelungen, innert einer halben Stunde 7 Betten neu anzuziehen. Dafür wurde ich am Rapport gelobt. Das freute mich.
     
     
  7. Wenn ich nun aber tatsächlich eine halbe Stunde gebraucht habe, um nur das eine Bett frisch anzuziehen, dann wird man mich fragen, wieso dies so lange gedauert habe? (Kontrolle) Möglicherweise käme jemandem noch die überflüssige Bemerkung über die Lippen:
    • Wenn alle so arbeiten würden, dann käme unsere Arbeit viel zu teuer!
     
     
  8. Als Rechtfertigung könnte ich vorbringen:
    • Ich arbeite freiwillig am Spital und beziehe keinen Lohn. Also spielt es auch keine Rolle, wie lange ich für meine Arbeit brauche. (Mittel)
    • Ich habe nicht nur das Bett frisch angezogen. Ich musste Herrn Huber (unerwarteterweise) auch noch beim Ankleiden helfen. Ausserdem habe ich mit ihm über die Rückkehr nach Hause gesprochen.
    • Ich musste das Bett allein anziehen, weil alle andern anderweitig beschäftigt waren. (Mittel) Wenn wir es – wie üblich – zu zweit bezogen hätten, hätten wir weniger Zeit gebraucht.

Arten von Antworten

Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich, dass die Frage: «Was tun Pflegende?» auf sehr unterschiedliche Arten beantwortet werden kann.

 

Es geht um die Fragen:

  • Was: Welche Tätigkeiten wurden ausgeführt?
  • Warum: Welches war der Grund dafür, dass diese Leistung erbracht wurde?
  • Wozu: Welches waren die Behandlungsziele?
  • Mit welchen Mitteln wurde gearbeitet?
  • Welches Ergebnis wurde erreicht?
  • Welchen Aufwand zogen diese Tätigkeiten mit sich (Zeit, Material; Kosten).

 

 

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D.2.2
Der «Pflegeprozess»

7 Ressourcen des Patienten sind Kräfte, Fähigkeiten und Möglichkeiten, die dem Patienten zur Verfügung stehen und die er zur Gesunderhaltung und/oder zur Bewältigung der Krankheit einsetzen kann.

8 Das Prognose beschreibt den im Anschluss an eine ge­plante Behand­lung zu erwartenden Gesundheitszustand.

9 Das Gesundungs­potenzial ist der bei optimaler Behand­lung erreichbare Gesundheitszustand. – Fischer [PCS, 1997]: 34 in Anlehnung an den Begriff «Rehabilitationspotenzial» nach Schmidt et al. [PhysMed+Reha, 1995]: 293.

10 Vgl. Fischer [PCS, 1997]: 35 f.

Behandlungsablauf

Der idealisierte Ablauf einer Behand­lung sieht wie folgt aus [Tafel 2]: Zu Beginn werden Probleme und Ressourcen des Patienten7 festgestellt, Prognose8 und Gesundungs­potenzial9 werden geschätzt: Dies ist die Beschreibung des Gesundheitszustandes. Zusammen mit dem Patienten wird daraufhin über die kurz- und längerfristigen Ziele entschieden. Wenn die Nahziele genügend spezifisch formuliert werden, ist damit der Behandlungsbedarf bestimmbar, nämlich als die erforderlichen Leistungen. Diese werden in der Planung aufgenommen, so weit es unter den gegebenen Umständen möglich ist. Die anschliessend durchgeführte Behand­lung wird bestimmte Kosten zur Folge haben. Es entsteht ein neuer Gesundheitszustand, und Prognose und Gesundungs­potenzial können neu geschätzt werden.10

11 Gegenüber den normalerweise vorzufindenden Darstellungen wurde noch der implizit vorhandene Schritt der «Bedarfsbestimmung» benannt, um zwischen Leistungsbedarf und tatsächlich ge­planten Leistungen differenzierter unterscheiden zu können.

 

Die zugehörigen Tätigkeiten der Pflege sind im sogenannten «Pflegeprozess» aufgeführt und gegliedert. [Tafeln 2 und 3]11

Tafel 2:
Der Pflegeprozess

Schritte im Pflegeprozess Tätigkeiten Informationen
Einschätzung Gespräche,
Untersuchungen
Aktueller Zustand
Pflege­diagnose Analyse der Daten,
Beurteilung der Probleme,
der Ressourcen
und des Gesundungs­potenzials des Patienten
Aktueller Zustand
 
 
Erreichbarer Zustand
Zielsetzung Prioritäten setzen,
Ziele festlegen
Angestrebter Zustand
Bedarfsbestimmung Erforderliche Massnahmen bestimmen Erforderliche Leistungen (Leistungsbedarf)
Planung Durchzuführende Massnahmen aufgrund der vorhandenen Möglichkeiten auswählen und planen Geplante Leistungen
Umsetzung Durchführung der ge­planten Massnahmen Erbrachte Leistungen
Aus­wer­tung Neue Einschätzung Neuer
aktueller Zustand

 

Quelle: Nach Fischer [Pflege­diagnosen, 1999/2001]: 29, Brobst et al. [Pflegeprozess, 1996]: 20 und Fiechter/Meier [Pflegeplanung, 1993]: 30.

Tafel 3:
Der Behandlungs­prozess als Zyklus

Tafel 3: Der Behandlungs­prozess als Zyklus

 

Quelle: Fischer [DRG+Pflege, 2002]: 78.

 

 

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D.3

Zustand des Patienten und Aktivitäten der Pflege

Tafel 4:
Patient und Pflege

Tafel 4: Patient und Pflege

 

Zeichnung: © Wolfram Fischer.

12 Fischer [Leistungs­messung, 1994]: 62 f; Fischer [PCS, 1997]: 35 f. – Auch in Hunstein/Bartholo­meyczik [DRGs+Pflege, 2001]: 25 und weiteren Publikationen dieser Autoren (u. a. Bartholo­meyczik et al. [Pflegezeit, 1999]: 100) findet sich diese Trennung. Dort werden Probleme und Ressourcen des Patienten als «Pflegebedürftigkeit» beschrieben. Dieser wird der «Pflegebedarf» gegenübergestellt, welcher von der Pflegebedürfigkeit, den Umweltfaktoren und den Behandlungszielen abhängig ist und durch die erforderlichen Pflegeinterventionen beschrieben wird.

 

Bei der Dokumentation der Behandlung von Patienten gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Perspektiven, die auch bei der Bedarfsermittlung zu beachten sind:12

  • Die Sicht auf den Patienten.
  • Die Sicht auf die Pflege.

Tafel 5:
Aussagen der Pflege

Sicht auf: Patient Pflege
Aussagen über: Patientenmerkmale:
  • Gesundheitszustand und Kontextfaktoren
  • Behandlungsziele
  • Behandlungsergebnisse
Behandlungsmerkmale:
  • Ressourcen der Pflege
  • Pflegeleistungen
  • Kosten

Zustand, Ziele und Ergebnisse

Bei der Sicht auf den Patienten hat man die Patientenmerkmale im Blickfeld. Sie umfassen seinen Zustand (seine gesundheitlichen Probleme und Ressourcen sowie deren Ursachen einschliesslich der begünstigenden und behindernden umweltbedingten Kontextfaktoren), die Behandlungsziele und die Behandlungsergebnisse. [Tafeln 5 und 6]

 

All diese Aussagen können unter dem Oberbegriff «Zustandsbeschreibungen» zusammengezogen werden. Denn nicht nur die Beschreibung der aktuellen Probleme, Risiken und Ressourcen des Patienten sind Zustandsbeschreibungen, sondern auch die Behandlungsziele und die Behandlungsergebnisse: [Tafel 7]

  • Behandlungsziele sind Beschreibungen des angestrebten Zustandes;
  • Behandlungsergebnisse sind Beschreibungen des erreichten Zustandes.

 

Diese Informationen setzen gewissermassen den Rahmen für die Behandlung. Damit lassen sich Pflegeleistungen planen und die Pflege beurteilen.

Aktivitäten

Bei der Sicht auf die Pflege werden Behandlungsmerkmale beschrieben. Dies sind die vorhandenen und die eingesetzten Ressourcen der Pflege, die Leistungen der Pflege und deren Kosten.

Die Leistungen der Pflege können sein:

  • erforderlich,
  • geplant,
  • erbracht.

13 Fischer [PCS-Pflege, 2001]: 25. – Es ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass in PRN die effektiv geplanten Leistungen unkorrekterweise als «erforderliche Leistungen» bezeichnet werden.

 

Es wird hier bewusst unterschieden zwischen erforderlichen und geplanten Leistungen. Die erforderlichen Leistungen beziehen sich auf die notwendigen Leistungen. (Dies ist der Leistungsbedarf.) – Mit den geplanten Leistungen sind nicht die zu planenden, sondern die effektiv geplanten Leistungen gemeint, bei denen budgetäre, institutionelle und personelle Einschränkungen bereits berücksichtigt sind. (Dabei gehe ich von der Annahme aus, dass das, was wegen zu knappen finanziellen Mitteln und fehlendem Leistungspotenzial des Betriebes nicht ausgeführt werden kann, gar nicht erst geplant wird.)13

Kosten

Die Aktivitäten können monetär bewertet werden. Daraus werden die Kosten der Behandlung errechnet. Die Kosten entstehen also nicht direkt wegen den Gesundheitsproblemen, sondern infolge der während des gesamten Pflegeprozesses anfallenden Tätigkeiten und der verwendeten Sachmittel. [Tafel 8]

Tafel 6:
Aussagen der Pflege, differenziert

Sicht auf: Patient Pflege
Aussagen über: Patientenmerkmale:

  • Gesundheitszustand und Kontextfaktoren:
    • Probleme, Diagnosen
    • Ressourcen des Patienten
    • Risiken
    • Chancen
    • Prognose
    • Gesundungspotenzial

  • Behandlungsziele
     
  • Behandlungsergebnisse
Behandlungsmerkmale:

  • Vorhandene und eingesetzte Ressourcen der Pflege:
    • Qualifikationen
    • Persönliche Fähigkeiten
    • Infrastruktur
    • Leistungsaufträge, finanzielle Mittel

  • Pflegeleistungen:
    • Leistungsbedarf (Erforderliche Leistungen)
    • Geplante Leistungen
    • Erbrachte Leistungen

  • Kosten:
    • Soll-Kosten
    • Ist-Kosten

Tafel 7:
Zustands­beschreibungen

Konzept Zustand Zeithorizont
Diagnose;
andere gesundheitliche Probleme;
Ressourcen des Patienten
gegeben aktuell
Ergebnis («outcome») erreicht
Prognose erwartet zukünftig
Risiko befürchtet
Chance erhofft
Gesundungs­potenzial erreichbar
Ziel angestrebt

 

Quelle: Fischer [PCS-Types, 1995]: 54.

Tafel 8:
Kosten des Pflegeprozesses

Tafel 8: Kosten des Pflegeprozesses

 

Quelle: Nach Fischer [Pflege­diagnosen, 1999/2001]: 26.

 

 

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D.4

Leistungsbedarf und erbrachte Leistungen

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D.4.1
Bestimmung des Leistungsbedarfs
 

Als Leistungsbedarf wird die erforderliche Pflege bezeichnet. Der Leistungsbedarf kann beschrieben werden durch das für den konkreten Fall optimale Massnahmenbündel.

Zustand + Ziele
–> Leistungsbedarf

Bei einem Blick auf den Pflegeprozess wird klar, dass es zur Auslösung von Pflege­leistungen die Beurteilung des Gesundheitszustandes samt den Kontextfaktoren und die Festlegung von Pflegezielen braucht.

 

Wenn also Behandlungsprobleme und Behand­lungs­ziele festgehalten sind, kann auch das optimale Leistungsbündel bestimmt werden. Da die Leistungen bewertbar sind, können in der Folge auch die Kosten geschätzt werden. Idealerweise gilt: «Problem A führt bei Ziel B typischerweise zu Kosten von ca. X Franken.» [Tafel 9]

Tafel 9:
Leistungsbedarfsermittlung

Tafel 9: Leistungsbedarfsermittlung

 

Quelle: Nach Fischer [Pflege­diagnosen, 1999/2001]: 30.

Die Bedeutung der Behand­lungs­ziele

Angaben über den Gesundheitszustand allein (und über den Leistungserbringertyp) können allenfalls dann zur Schätzung des Leistungsbedarfs genügen, wenn die Behand­lungs­ziele zum Vorneherein klar sind. Dies ist eine Perspektive, die aus ärztlicher Sicht öfter zutrifft als aus pflegerischer Sicht. Wenn nun aber aus der Beschreibung des Gesundheitszustandes allein die typische Behand­lung noch nicht ableitbar ist, sobald man sich also – zusammen mit dem Patienten und den übrigen Mitgliedern des Behandlungsteams – auch noch über die Behand­lungs­ziele einigen muss, müssen ebendiese Ziele auch erhoben werden, um den Leistungsbedarf bestimmen zu können. – Ein Beispiel: Es muss entschieden werden, ob einem Patienten, der Probleme beim Ankleiden hat, einfach in die Kleider geholfen werden soll, oder ob es Aufgabe der Pflege ist, während der Zeit des Aufenthaltes mit dem Patienten soweit zu trainieren, dass er sich wieder ohne Hilfsperson anziehen kann, obwohl er in den Armen motorisch beeinträchtigt ist.

 

 

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D.4.2
Gegenüberstellung von Leistungsbedarf und erbrachten Leistungen

14 Dies kann z. B. mittels Behand­lungs­pfaden gemacht werden. Vgl. dazu Kapitel G.4.

15 Systeme zur Pflege­leistungs­messung werden in Kapitel G und K vorgestellt und diskutiert.

16 Vgl. dazu auch: Fischer [Leistungs­messung, 1994]: 67–74 oder Fischer [PCS, 1997]: 410–412.

Ist-Kosten-
Überprüfung

Wenn der Leistungsbedarf monetär bewertet wird, dann erhält man Soll-Kosten.14

Die erbrachten Leistungen der Pflege können mittels Systemen zur Pflege­leistungs­messung erhoben und bewertet werden.15 Daraus ergeben sich Ist-Kosten.

Das Verhältnis zwischen Leistungsbedarf und erbrachten Leistungen ist ein Mass für die Wirtschaftlichkeit (Effizienz) der Leistungserbringung.16

Tafel 10:
Formeln zur Wirtschaftlichkeit

 
(1)   Wirtschaftlichkeit = Output in Relation zum Input

(2)   Wirtschaftlichkeitsgrad = Soll-Kosten (des Outputs) / Ist-Kosten (des Inputs)

(3)   Wirtschaftlichkeitsgrad = notwendige Leistung / erbrachte Leistung

(4)   Wirtschaftlichkeitsgrad = Leistungsbedarf / erbrachte Leistung

(5)   Wirtschaftlichkeitsmass für Kranken­häuser = Casemix / Ist-Kosten

(6)   Wirtschaftlichkeitsmass für Einzelfälle = Kosten­gewicht / Ist-Kosten des Falles
 

 

Aus den Formeln in Tafel 10, insbesondere aus Formel (3) wird ersichtlich: Wenn mehr Leistungen erbracht werden, als notwendig sind, dann sinkt der Wirtschaftlichkeitsgrad unter 1 (bzw. unter 100 %). Umgekehrt steigt er über 1, wenn weniger Leistungen erbracht werden, als notwendig sind. Ideal ist es, wenn nicht mehr und nicht weniger als die notwendigen Leistungen erbracht werden.

 

(Es muss beachtet werden, dass ein solcher Soll-Ist-Kosten-Vergleich eine rein wirt­schaft­liche Betrachtung darstellt. Er sagt nichts aus über die Wirksamkeit [Effektivität] und Qualität der erbrachten Leistungen.)

Auswahl von Klassi­fi­kations­kriterien

Wenn man sich aus dieser Perspektive nochmals überlegt, welche Gruppie­rungs­krite­rien für Patienten­klassifi­kations­systeme in Frage kommen, dann sieht man, dass es solche sind, die den «output» beschreiben sollen, solche also, welche den Leistungsbedarf und nicht die erbrachte Leistung bestimmen. Wenn nun in DRG-Systemen auch Prozeduren (d. h. erbrachte Leistungen!) zur Gruppierung verwendet werden, dann haben die Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf dieser Ebene nur noch teil­weise einen Sinn. Ein Fall mit einer aufwändigen Behand­lung erhält nämlich damit primär deswegen ein hohes DRG-Gewicht, weil ein teures Verfahren gewählt wurde, und nicht, weil der Patient ein schwer­wiegendes und aufwändig zu behandelndes Problem mitbrachte. Hätte man bei gleicher Problematik ein etwas kostengünstigeres Verfahren (mit einer anderen DRG und einem niedrigeren Kosten­gewicht) gewählt, hätte man per definitionem [nach Formel (1)] wirt­schaft­licher gehandelt, denn man hat für den gleichen Output (Behand­lung eines Falles mit einer bestimmten Problematik) dank des günstigeren Verfahrens weniger Kosten erzeugt. Nach Formel (6), welche eine DRG-bezogene Operationalisierung der Formel (1) darstellt, wäre es allerdings nicht mehr so sicher, ob wirt­schaft­licher gearbeitet worden ist, denn es könnte auch sein, dass die Ist-Kosten weniger gesunken sind, als das Kosten­gewicht der DRG, welche zum kostengünstigeren Verfahren gehört.

 

 

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D.5

Mögliche Klassifikationskriterien in DRG-Systemen

17 Primäre Probleme rechtfertigen den Kranken­haus­aufenthalt. Sekundäre Probleme sind zusätzliche Probleme, die den Behand­lungs­aufwand erhöhen. – Vgl. Fischer [PCS, 1997]: 41.

18 Das Gesundungs­potenzial ist der bei optimaler Behand­lung erreichbare Gesundheitszustand. – Fischer [PCS, 1997]: 34.

19 Behand­lungs­ziele lassen sich beschreiben als angestrebte Veränderung des Patientenzustandes.

 

Grundsätzlich sind bei der Konstruktion von Patienten­klassifi­kations­systemen folgende wesent­liche Klassi­fi­kations­dimensionen zu beachten [Tafel 11]:

  • Patientenzustand:
    • Diagnose- und patienten­bezogener Schwere­grad:
      • Diagnostische Basis­fall­gruppe.
      • Schwere­grade aller Probleme oder Gesamt­schwere­grad.
      • Hauptproblem (Haupt­diagnose, zugehörige Primär­gruppe, Haupt­kate­gorie).
    • Sekundäre Probleme.17
    • Ressourcen des Patienten.
    • Alters­stufe.
  • Evtl. Gesundungs­potenzial.18
  • Behand­lungs­ziele.19
  • Behand­lung:
    • Behand­lungs­verfahren und Auf­wändig­keit
      • Prozedurale Basis­fall­gruppe.
      • Auf­wändig­keit (Mehrfach­leistungen, Lang­zeit­beatmung, IPS, Notfall­aufnahme, ...).
      • Behandlungsmodus («chirur­gisch», «medizi­nisch», . . .).
    • Auf­ent­halts­art («stationär», «kurzstationär», «teil­statio­när», «ambu­lant»).
    • Entlas­sungs­desti­nation («nach Hause», «Pflegeheim», «Akutkrankenhaus», . . .).
    • Zeitliche Einheiten (Behand­lungs­abschnitte und -phasen).
    • Behandlungssektor (Behand­lung im Akutkrankenhaus, Psychiatrie, Geriatrie, Rehabilitation, . . .). Beteiligte Berufsgruppen.
  • Behandlungsresultate:
    • Resultate zur Bestimmung von Ausreissern (Kosten, Aufenthaltsdauern).
    • Qualität (Wiederaufnahme, Infektionen, . . .).

 

Weitere Dimen­sionen wie «Beherbergungsart» («allgemein», «halbprivat», «privat») oder «Lehre und Forschung» sind hier nicht aufgeführt, da sie nicht Teile eines Patienten­klassifi­kations­systems sein sollten, sondern Elemente des Vergütungsmodelles.

Tafel 11:
Klassifikationsdimensionen

Tafel 11: 
Klassifikationsdimensionen

 

Quelle: Fischer [DRG+Pflege, 2002]: 84.

 

Da viele der etablierten Patienten­klassifi­kations­systeme nach dem Vorbild der DRGs eine eindimensionale Struktur anstreben, sind einzelne dieser Dimen­sionen in eine hierarchische Struktur eingepasst worden; andere Dimen­sionen sind weggelassen worden.

Primäre Ansatzpunkte für Erweiterungen

Wenn nun nach weiteren kosten­relevanten Klassi­fi­kations­kriterien Ausschau gehalten wird, um die Homogenität von DRGs zu verbessern, dann sind die primären Ansatzpunkte:

  • die Präzisierung der zeitlichen Strukturierung;
  • die Berück­sichtigung von Fähigkeits­einschrän­kungen und evtl. von sozialen Kriterien;
  • die se­pa­rate Klassi­fi­zie­rung der IPS-Aufenthalte;
  • die Berück­sichtigung von Behand­lungs­zielen;
  • das Studium der Möglichkeiten, mehrdimensionale Fall­gruppen zu bilden, womit verschiedene Aspekte der Behand­lung mosaikförmig berücksichtig werden können, ohne dass das Gesamtsystem explosionsartig aufgebauscht wird.

 

 

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D.6

DRG-Bezug von Kriterien der Pflege

 

Wenn zusätzliche Kriterien zur Bildung von DRGs oder weiteren Patientengruppen ausgewählt werden, ist zu fragen, welchen Bezug diese Kriterien zu den bestehenden DRGs haben.

 

Aus der Sicht der Pflege insbesondere wichtig ist, ob die Patientenprobleme, welche die Pflege behandelt, im Zusammenhang mit ärztlichen Diagnosen oder Prozeduren stehen (und damit auch im Zusammenhang mit den dazugehörigen DRGs) oder nicht.

20 Im Fallbeispiel von Kapitel N ist dies die «Cholelithiasis mit akuter Cholecystitis». Der Zusatz «akute Cholecystitis» stellt hier eine Art Schwere­grad dar.

21 Zum Beispiel «Adipositas».

22 Zum Beispiel «akuter Schmerz».

23 Zum Beispiel «Wissensdefizit».

Vorbestehende Probleme

Der Ausgangszustand umfasst die bei der Behandlungsaufnahme bereits bestehenden gesundheitlichen Probleme. In Tafel 12 ist dargestellt, wie sich diese vorbestehenden Probleme aus ärztlicher Sicht in Form von Hauptkrankheiten20 und Begleit­erkran­kungen (Komorbiditäten) darstellen lassen.21 Aus pflegerischer Sicht gibt es vorbestehende Probleme, deren Ursache im Einzelfall mit einer ärztlichen Diagnose benannt werden kann,22 und solche, die un­abhän­gig von ärztlichen Diagnosen formuliert werden.23

24 Zum Beispiel «Hautdefekt», «körperlich beeinträchtigte Mobilität».

Neue Pflegeprobleme infolge ärztlicher Massnahmen

Durch ärztliche Massnahmen können zusätzliche, neue Pflegeprobleme entstehen.24

25 Zum Beispiel «Infusionstherapie». – Weisungsgebundene Leistungen werden von Manchen auch als «delegierte medizi­nische Aufgaben» oder «Mitarbeit bei medizi­nischer Diagnostik und Therapie» bezeichnet.

Weisungsgebundene Pflege­leistungen

Pflege­leistungen können über ärztliche Weisungen (Verordnungen) ausgelöst werden.25

26 Zum Beispiel «Gespräch» mit dem Patienten oder mit den An­ge­hö­ri­gen.

Eigenständige Pflege­leistungen

Pflege­leistungen können aber auch von der Pflege aufgrund der vorliegenden Pflege­diagnosen und der zusammen mit den Patienten gesetzten Ziele eigenständig initiiert werden.26

27 Zum Beispiel «Verwirrtheit», «Wissensdefizit» usw.

Was berücksichtigen DRGs nicht?

Wenn man sich nun fragt, welche Aussagen der Pflege bei der Gruppierung aufgrund von ärztlichen Diagnosen und Prozeduren in den einzelnen DRGs nicht enthalten sind, dann sind dies die un­abhän­gig von den ärztlichen Diagnosen formulierten vorbestehenden Pflegeprobleme.27 – Pflegerische Folgeprobleme von ärztlichen Diagnosen und neue Pflegeprobleme als Folge von ärztlichen Massnahmen sind jedoch im Prinzip in einer DRG enthalten, da die ärztlichen Diagnosen und Massnahmen ja zur Bestimmung der DRG verwendet werden. Konkret werden allerdings gerade das Ausmass und der Schwere­grad solcher Folgeprobleme den Pflege­aufwand und teil­weise auch die Länge des Aufenthaltes in einem hohen Grad beeinflussen.

 

Eigenständige Pflegeinterventionen, die Antwort auf vorbestehende Pflegeprobleme sind, werden bei der DRG-Gruppierung auch nicht berücksichtigt. Sie sollten jedoch nicht als erbrachte Leistungen, sondern als abzuleitender Leistungsbedarf durch Angabe eines Pflegeproblems und eines Behand­lungs­zieles einfliessen.

Potenzielle Klassi­fi­kations­kriterien

Zusammengefasst sind also von ärztlichen Diagnosen un­abhän­gig formulierte Pflegeprobleme potenzielle Klassi­fi­kations­kriterien der Pflege in DRG-Systemen. Im Weiteren können es auch Folgeprobleme aus ärztlichen Diagnosen oder neue Probleme infolge ärztlicher Massnahmen sein, und zwar dann, wenn sie ein untypisches Ausmass erreichen.

Tafel 12:
Ärztliche und pflegerische Diagnosen und Leistungen

Tafel 12: Ärztliche und pflegerische Diagnosen und Leistungen

 

Quelle: Nach Fischer [Pflege­leistung, 1996].

 

Legende zu Tafel 12:
Rechtecke mit angeschnittener rechter unterer Ecke zeigen diejenigen Variablen an, welche in bestehenden DRG-Systemen als Gruppie­rungs­krite­rien verwendet werden.

 

 

 

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( Letztmals generiert: 17.12.2013 )